ESMA REDZEPOVA - PORTRAIT
Esma Redžepova war eine Roma Sängerin aus Skopje in Mazedonien. Sie gilt als eine der bekanntesten Vertreterinnen der Balkan- bzw. Roma-Musik und trägt den Titel „Queen of the Gypsies“.
Esma Redzepova kam 1943 in Skopje zur Welt und war die zweitjüngste von sechs Kindern. Sie wuchs in Šuto Orizari (umgangssprachlich meist kurz "Shutka" genannt) auf, einem Stadtteil von Skopje mit sehr hohen Anteil an Roma Bevölkerung. Ihr Großvater väterlicherseits war ein katholischer Roma und ihre Großmutter eine irakische Jüdin, während ihre Mutter eine muslimische Roma war. Ihr Vater, der 1941 während dem zweiten Weltkrieg ein Bein verlor, hielt die Familie mit diversen Gelegenheitsarbeiten über Wasser. Er arbeitete verschiedentlich als Portier, Zirkusartist und Schuhputzer. Zudem sang er und spielte Schlagzeug und wurde gelegentlich an Hochzeiten als Musiker gebucht, wo ihn einige von Esmas älteren Geschwistern begleiteten. Esma Mutter hingegen war eine Näherin.
Mit neun Jahren wurde Esma von einem ihrer Brüder in eine Tanzgruppe welche von einer örtlichen Roma-Organisation organisiert wurde mitgenommen, wo sie innert kürzester Zeit bereits komplizierte Tanzschritte lernte. Erfreut von Esmas Talent, unterstützte sie ihre Mutter in ihrer Tanzfreude, und Esma und ihr Bruder wechselten bald darauf in die Folkloregruppe ihrer Schule. Ihre Eltern hatten sehr traditionelle Ansichten und erwarteten von Esma, dass sie nach Abschluss der Grundschule im Teenageralter heiraten und eine Hausfrau werden würde.
Es kam jedoch alles anders: Esma emanzipierte sich stark von den Erwartungen ihrer Eltern, kleidete sich modisch und nahm mit 13 Jahren, ohne das wissen ihrer Eltern, in Schule an einem Gesangswettbewerb von Radio Skopje teil. Sie sang ein traditionelles mazedonisches Roma Lied, und konnte sich auf anhieb gegen ihre Konkurenten durchsetzen und gewann das Preisgeld über 9000 Dinar. Es war das erstel Mal überhaupt, dass ein Song auf Romani auf dem Radiosender ausgestrahlt wurde. Durch die Radio-Show wurde der mazedonische Produzent und Komponist Stevo Teodosievski auf Esma aufmerksam. Stevo Teodosievski konnte Esmas Eltern überzeugen, ihre Tochter in seine Obhut zu geben, und wurde ihr musikalischer Mentor und Manager, und später ihr Ehemann. Zu beginn ihrer Zusammenarbeit war Stevo jedoch mit Esmas Stimme noch nicht wirklich zufrieden und schickte sie deshalb an die Musikakademie in Belgrad zum Gesangsstudium. Von da an schrieb und produzierte er ihre Lieder und gestaltete ihre Karriere.
In den 1950er Jahren hatte Roma-Musik eine äußerst schlechte Reputation in Jugoslawien. Außerhalb der Roma Gemeinschaft war sie verpönt und galt als nicht geeignet für das Radio und Fernsehen. Auch waren die Ressentiments gegenüber Roma gross, und offener Rassismus war an der Tegesordnung. Bereits vor seiner Bekanntschaft mit Esma hatte Stevo Teodosievski, der selbst kein Roma war, die Vision, Roma Musik populär zu machen und erntete dafür harte Kritik von seinen Kollegen. Mit Esmas überragenden Gesangstalent und ihrem faszinierendem Auftreten, war er jedoch überzeugt es dennoch erreichen zu können. Esma Redzepova war die erste Sängerin in Jugoslawien welche im Radio und Fernsehen auf Romani sang und offen zu ihrer Herkunft stand.
Nachdem Esma ihr Studium in Belgrad abgeschlossen hatte, wurde sie offizielles Mitglied im Ansambl Teodosievski. 1961 reiste das Ensemble nach Zagreb und nahm dort ihre erste Single "Chaje Shukarije" auf, welche sich rasch zu einem großen Hit in Jugoslawien entwickelte. Der Durchbruch war erreicht, und die folgenden Jahre waren äußerst erfolgreich für Esma und ihre Begleiter. Zusammen mit dem Asambl Teodosievsk nahm sie zahlreiche Alben und Singles auf und trat regelmäßig im Radio und im Fernsehen auf. Im Laufe ihrer Karriere nahm sie übrigens über 100 Singles und über 20 Alben auf.
Ende der 1960er Jahre gründen Esma und Stevo eine Musikschule für obdachlose Kinder in Mazedonien. Die meisten Musiker vom Asambl Teodosievski wurden hier entdeckt und ausgebildet. Esma und Stevo besuchten daneben drei mal Indien. 1969, 1976 und 1983. Während ihrer zweiten Reise erhielt Esma beim ersten Festival der Roma-Musik in Chandigarh offiziell den Titel „Queen of the Gypsies“. verliehen. Der Titel steht für die Treue zum Volk der Roma und Esmas unablässiger Arbeit als Botschafterin der Roma in der Welt. Neben dem Singen war Esma schon immer auch für ihr soziales und humanitäres Engangement bekannt. Zusammen mit ihrem Ehemann welcher 1997 verstarb, adoptierte sie insgesamt 47 Kinder.
Ende der 1980er Jahre wurde es ruhiger um Esmas Person. Die Hörgewohnheiten der Menschen auf dem Balkan veränderten sich, und das interesse an Künstler wie Esma Redzepova ließ immer mehr nach. Mit aufkommen von neuen Musikströmungen wie dem im Westen sehr beliebten Balkanbeat, erlebte Esmas Karriere nach der Jahrtausendwende jedoch einen zweiten Frühling und seitdem ist sie wieder weltweit eine gefragte Performerin. 2007 steuerte Esma mehrere Gastbeiträge auf dem „Queens and Kings“ Album von Fanfare Ciocarlia bei, und war Teil des „The Gypsy Queens and Kings“ Projektes bei dem über 20 Roma Musiker aus ganz Europa eine gemeinsame Konzert-Show gaben. Zusammen mit Vlatko Lozanoski nahm sie 2013 zudem an der Endausscheidung des Eurovision Songcontest in Malmö teil, konnten sich jedoch gegen ihre Konkurrenten nicht durchsetzten.
Esma Redžepova starb am 11. Dezember 2016 im Alter von 73 Jahren an den Folgen einer Lungenentzündung.
Diskographie:
1971 Esma i Ansambl Teodosievski - Esma (LP, Jugoton)
1974 Esma i Ansambl Teodosievski - Zosto Si Me, Majko, Rodila (LP, Jugoton)
1975 Esma Redzepova And Ansambl Teodosievski - Belly Dances (LP, PGP RTB)
1977 Esma i Ansambl Teodosievski - Makedonske Pesme I Ora - Ciganske Pesme I Čočeci (LP, PGP RTB)
1977 Esma i Ansambl Teodosievski - Kroz Jugoslaviju (LP, PGP RTB)
1978 Esma i Ansambl Teodosievski - Volim Te Veruj Mi (LP, PGP RTB)
1980 Esma i Ansambl Teodosievski - Ah, Devla (LP, Jugoton)
Text: Robert Lippuner / Gypsy Music Network
Translation: Jamie Davies