Martin Lubenov Interview

 
"Musik ist Mein Leben"
 
Martin Lubenov ist eine feste Grösse innerhalb der Roma/Balkan Szene. Mit "Dui Droma" und "Veselina" hat der Akkordeonist aus Bulgarien zwei Klassiker der zeitgenössischen Roma- Und Balkan-Musik hingelegt. Gypsy Music Network sprach mit ihm über die vergangenen Jahre, die aktuelle Entwicklung in der Roma-Musik, und seine Pläne für die Zukunft.
 
 
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Hallo Martin. Wie geht’s dir?
 
Sehr gut danke. Bin gerade in Sofia im Studio und arbeite intensiv an der Fertigstellung des neuen Jazzta Prasta Albums.
 
Ok Martin, stell dich doch nochmals kurz vor. Für die Leute die dich vielleicht noch nicht kennen.
 
Hallo, ich bin Martin Lubenov, Musiker und Komponist aus Sofia in Bulgarien. Ich spiele Akkordeon und um es genau zu sagen: Mein Leben ist Musik. Vom ersten Moment am Morgen wenn ich aufstehe, bis am Abend wenn ich wieder einschlafe hat alles was ich mache mit Musik zu tun. Entweder höre oder lese ich darüber, übe am Akkordeon, komponiere, schreibe Texte, nehme im Studio auf, probe oder spiele Konzerte, weisst du. Und Gott sei Dank kann ich das so machen. Ich bin sehr glücklich damit.
Wie du vielleicht weisst betreibe ich ja eine ganze Reihe von verschiedenen musikalischen Projekten bei denen ich mich immer wieder anders einbringen kann. Es ist fast ein wenig so wie verschiedene Rollen zu spielen. Mit dem Martin Lubenov Orkestar zeige ich ein Gesicht, mit Jazzta Prassta wieder ein ganz anderes. Und so ist es mit jedem Projekt. Ich bin sehr glücklich dass ich diese Möglichkeiten habe mich zu verwirklichen.
 
Wann hast du eigentlich mit musizieren angefangen?
 
Lass mich überlegen… ich hab mit sieben Jahren angefangen in einer Kinder Musikschule in Sofia Akkordeon zu lernen. Das war eine wirklich schöne Zeit, denn damals hatte mir meine Grossmutter mein erstes Akkordeon geschenkt und ich war unglaublich stolz darauf! Denn du musst wissen, mein Grossvater war ein bekannter und grossartiger Akkordeonist im damaligen Bulgarien, und der Wunsch meiner Grossmutter war es, dass ich in seine Fussstapfen trete. Und genau so ist es dann schliesslich auch gekommen.
Überhaupt entstamme ich aus einer totalen Musikerfamilie. Sowohl von Mutters Seite wie auch von Vaters Seite, alle in unserer Familie waren Musiker. Es gab keinen der nicht mindestens ein Instrument spielte!
 
Dein erstes Album „Dui Droma“ (mit dem Martin Lubenov Orkestar) erschien 2004. Jetzt haben wir 2014. Warum haben wir so lange nichts von dir gehört?
 
Da gibt es verschiedene Gründe. Erstens war das Album sehr erfolgreich und ich tourte eine lange Zeit durch die Clubs und Lokale und hatte viele Engagements. Und zweitens habe ich mich danach auch ein wenig zurück gezogen und wieder sehr viel geschrieben und gearbeitet. Ich habe in dieser Zeit zwei komplette Alben aufgenommen. Aber insgesamt liegt noch Material für drei weitere Alben auf der Seite! Man kann wirklich sagen, ich hatte einen kreativen Schub und darum hat man solange nichts von mir gehört.
Wie gesagt ist das zweite Martin Lubenov Orkestar Album bereits fertig und wird hoffentlich in den nächsten Monaten rauskommen.
 
Ich hab ja das Snippet zum Album bereits gehört und es hört sich sehr vielversprechend an.
 
Danke. Ja, es wird meiner Meinung ein sehr interessantes und frisches Album. Ich denke es wird einen frischen Wind in die aktuelle Roma Musik bringen. Ich bin mir noch nicht ganz sicher, aber warscheinlich werde ich das Album „Dont worry, be Gypsy“ nennen. Wie auf dem ersten Album habe ich wiederum alles Songs selbst geschrieben und komponiert.
 
Auf dem ersten Album waren alle Lieder Eigenkompositionen?
 
Ja, genau.
 
Das wusste ich nicht. Denn viele dieser Lieder werden bis heute regelmässig von anderen Roma Bands gespielt und sind sehr beliebt in der Roma Gemeinde.
 
Ja, ganz genau. Gerade letzte Woche bin ich auf You-Tube auf eine Brass Band aus Los Angeles gestossen, welche einen Song des Albums spielte. Verrückt! Auch ein anderer Song „Latino Tschuss“ ist sehr beliebt und wird sehr gerne von den Roma Brass Bands gespielt. Und das freut mich sehr. Meine Songs sind in der Zwischenzeit sozusagen so etwas wie Allgemeingut der Roma Musik geworden, was mich wirklich sehr freut.
 
Auf dem letzten Album hat Neno Iliev die Gesangs-Parts beigesteuert. Wird er auf dem neuen Album wieder vertreten sein?
 
Dieses Mal habe ich mit einem anderen Sänger zusammen gearbeitet. Er ist jünger als Neno Iliev und hat eine sehr moderne Art Roma Lieder zu singen. Er bringt diesen frischen Wind ins Album von dem ich dir bereits erzählt habe. Er heisst Petar Jankov und ist unglaublich talentiert. Er war bis jetzt lediglich in der bulgarischen Roma Gemeinde bekannt, und hat ausschliesslich an Hochzeiten gesungen. Aber ich denke nach dem Album wird er auch einem westlichen Publikum ein Begriff sein.
Ansonsten habe ich natürlich wieder mit einigen meiner Meinung nach besten Roma Musikern aus Bulgarien zusammen gearbeitet, und auch ein Schlagzeuger aus Österreich ist mit drauf. Auf einigen Songs ist auch eine Brass Sektion dabei. Und überhaupt sind die ganzen Arrangements sehr reichhaltig ausgefallen dieses Mal. Es gibt Songs mit bis zu 14 Musikern drauf.
 
Wir sind gespannt. Erzähl uns etwas von Wien. Du lebst ja bereits eine ganze Weile in dieser Stadt.
 
Wien ist meine zweite Heimat und im wahrsten Sinne des Wortes eine multikulturelle Stadt. Hier gibt es alles, es fehlt an nichts. Und gerade als Musiker ist die Stadt unglaublich inspirierend und man kann problemlos Kontakte knüpfen. Auch ist die ganze World Musik Szene sehr vital in Wien, und man findet Musiker aus allen Ecken dieser Welt.
 
Wie siehst du die Entwicklung der Roma Musik, in den letzten 10 Jahren, speziell innerhalb des World Musik Kontext?
 
Der Hype ist vorbei. Roma Musik ist zwar beliebt im Westen, aber die Aufmerksamkeit die wir vor 10, 15 Jahren hatten ist vorbei. Die etablierten Roma Marken funktionieren natürlich immer, denn sie machen gute Sachen. Aber für neue, unbekannte Bands oder Musiker ist es denke ich schwierig ausserhalb ihrer Heimat Fuss zu fassen. Die bekannten Bands sind immer noch sehr erfolgreich, aber die grosse Masse an unbekannten Roma Musikern bleibt momentan zu Hause.
 
Was hältst du von Bands und Musikern wie zb. Shantel oder Balkan Beat Box welche ja nicht klassische Balkan Musik machen, sondern lediglich Elemente davon entnehmen?
 
Ehrlich gesagt, ich weiss es nicht, da ich die Bands zu wenig kenne. Ich denke, wenn die Bands erfolgreich sind, hat die Musik auch seine Daseinsberechtigung. Der Erfolg dieser Bands hat auch einen positiven Effekt auf uns und bringt uns und die ganze World Musik Szene weiter.
Weisst du, Erfolg hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab, und ist oftmals auch eine Sache von Zufällen und Glück. Manche Projekte sind erfolgreich weil sie Glück haben mit den Medien. Leider gibt es aber auch viele Projekte die nicht die verdiente Aufmerksamkeit erhalten, obwohl die Musik es durchaus wert wäre. Es gibt viele hervorragende Musik die niemals ihre Hörer findet, genau aus diesem Grund.
 
Ok, Martin. Erzähl uns was wir in der nächsten Zeit alles von dir erwarten können.
 
Als nächstes kommt wie gesagt das Martin Lubenov Orkestar Album raus, sobald alle Details mit dem Label geklärt sind. Danach ist dann bereits Jazzta Prassta in den Startlöchern. Das wird eine verrückte Sache. Viel Jazz und Balkan, aber genauso viel Anderes. Gaucho Musik, Chanson Elemente, Musette und noch mehr. Die Musik wird dieses Mal sehr perkusiv und du denkst es gibt eine Rhythmus Sektion, obwohl das Ensemble lediglich aus Kontrabass, Gitarre und Akkordeon besteht. Wirklich spannend!
Ein weiteres Projekt an dem ich arbeite ist „Harmonika Electronica“, ein Elektronik Projekt zusammen mit einem DJ und Produzenten aus Bulgarien. Dann gibt es noch ein weiteres Projekt, welches ich momentan „Musik meines Grossvaters“ nenne an dem ich arbeite und welches ich mit einem sehr bekannten rumänischen Cimbal Spieler realisiere. Zusammen werden wir alte Roma Lieder neu interpretieren. Und noch einige weitere Überraschungen sind in Planung. Aber dazu später.
 
Ok, danke Martin für das Gespräch. Gibt es noch abschliessend etwas was du uns sagen möchtest?
 
Ich danke dir für das Gespräch. Alle Infos findet ihr auf meiner neuen Homepage. Und bleibt gesund, meine Freunde!
 
 
 

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